Publiziert am

Beim Resilienztrainer auf der Couch – oder wie ein professionelles Resilienztraining wirklich aussieht

Jeder von uns begegnet im Verlauf des Lebens herausfordernden Situationen. Sie sind vielfältig, sei es der Verlust einer Arbeitsstelle, ein Konflikt in der Familie oder allgemeine Erschöpfung, weil man vor lauter Verpflichtungen den Wald nicht mehr sieht, und fordern jeden Einzelnen auf eine ganz individuelle Weise heraus. Resilienz bietet eine individuelle Möglichkeit sich für solche Turbulenzen zu rüsten sowie besser mit akuten Situationen umzugehen. Nebst vielen Möglichkeiten selbst die eigene Resilienz zu trainieren, gibt es auch ausgebildete Resilienztrainer/-innen, die dafür professionelle Unterstützung anbieten.

Von Sonja Kupferschmid Boxler

Beim Thema Resilienztraining tauchen häufig Fragen und auch Vorurteile auf, gerade wenn es darum geht externe Unterstützung aufzusuchen. Fragen können sein «Was macht ein/eine Resilienztrainer/-in überhaupt?», «Was bedeutet ein professionellen Resilienztraining für mich als Kunde/Kundin?» oder auch «Wie wirksam ist ein Resilienztraining?». Vorurteile zeigen sich vor allem in Aussagen à la «Ich bin doch nicht krank!» oder «Dann kann ich genauso gut zu einem Psychotherapeuten gehen!». Die nachfolgenden Ausführungen geben Antwort und zeigen auf, wieso wir beim Resilienztrainer eben nicht auf der Couch liegen.
 

«Was macht ein/eine Resilienztrainer/-in überhaupt?»

Grundsätzlich unterstützt ein/eine Resilienztrainer/-in Einzelpersonen, Teams oder Organisationen dabei, durch massgeschneiderte Trainings eine innere Widerstandsfähigkeit zu entwickeln. Da Resilienz viel mit der Haltung zu tun hat, regen Resilienztrainer/-innen ihr Gegenüber zu einer unterstützenden Grundhaltung an. Das heisst unter anderem sich auf Lösungen zu fokussieren sowie sich und andere wertzuschätzen. Ein Schlüssel dazu ist die Ressourcenaktivierung. Resilienztrainer/-innen suchen mit ihrem Gegenüber persönliche Ressourcen (z.B. Partner/-in, Sport, Humor), die gestärkt werden können, bauen durch gezielte Massnahmen neue Ressourcen auf und erarbeiten individuelle Strategien, um diese zu aktivieren. Ziel ist es, im täglichen Leben (selbst-)verantwortungsvoll und bewusst zu handeln. Resilienztrainer/-innen legen mit ihrem Gegenüber mögliche Übungssituationen im Alltag fest und reflektieren die (Weiter-)Entwicklung gemeinsam.
 

«Was bedeutet ein professionelles Resilienztraining für mich als Kunde/Kundin?»

Im Gegensatz zum Vorurteil «Ich bin doch nicht krank!» steht hinter der Idee eines Resilienztrainings vor allem ein präventiver Ansatz. Es geht darum sich selbst zu stärken, um zukünftige herausfordernde Situationen besser zu meistern. In gewissen Situationen kann ein Training aber auch regenerativ wirken, indem Massnahmen angegangen werden, die bei den bestehenden Auswirkungen der herausfordernden Situation ansetzen. In einem professionellen Resilientraining werden spezifische Tools und Methoden eingesetzt, z.B. die Figurenaufstellung, das Wertequadrat oder auch das Johari-Fenster. Dabei werden u.a. Dankbarkeit, eigene Stärken, oder auch der Perspektivenwechsel trainiert. Ein professionelles Resilienztraining bedeutet vor allem eine Auseinandersetzung mit sich selbst – weil lebenslanges Lernen auch im Bereich der Selbstreflexion wichtig ist. Anhand des folgenden Praxisbeispiels soll der Einsatz eines spezifischen Tools konkretisiert werden:

 

Exkurs: Resilienztrainings für Gruppen, Teams und ganze Organisationen

Je nach dem ob Einzelpersonen, Gruppen, Teams oder sogar ganze Organisationen ein professionelles Resilienztraining in Anspruch nehmen, so ändert sich auch der Schwerpunkt der Begleitung. Während der Fokus bei Einzelpersonen auf den persönlichen Herausforderungen und der individuellen Resilienz liegt, ist bei Teams vor allem der Auf- und Ausbau von gemeinsamen Ressourcen im Fokus. Sobald es um ganze Organisationen geht, unterstützt der/die Resilienztrainer/-in  den Aufbau organisationaler Gegebenheiten (Struktur, Strategie, Kultur, etc.), die Resilienzentwicklung ermöglichen. Über alle Zielgruppen hinweg, ist und bleibt ein wichtiges Merkmal eines Resilienztrainings, dass die Ziele im Voraus mit dem/der Auftraggeber/-in festgelegt werden. Um den verschiedenen Kunden/ Kundinnen und deren individuellen Bedürfnissen gerecht zu werden, bringen Resilienztrainer/-innen gewisse Kompetenzen mit. Sie verfügen über fundiertes Fachwissen rund um das Thema Resilienz, haben das notwendige methodisch-didaktische Know-how für die praktische Durchführung eines Training und kennen die wichtigsten resilienzfördernden Tools und Methoden. Diese Kompetenzen eigenen sie sich über Weiterbildungen wie z.B. den CAS Resilienztraining und praktische Erfahrungen an.
 

«Wie wirksam ist ein Resilienztraining?» 

Pionier-Forschungen wie die Kauai-Studie von Werner (1999) oder die Bielefelder Invulnerabilitätsstudie von Lösel und Bender (1999) konnten zeigen, dass es Resilienzfaktoren gibt, die Personen vor gewissen Risiken schützen. Andere Untersuchungen beschäftigen sich mit Teilaspekten einer resilienten Grundhaltung, beispielweise mit der Achtsamkeit. Hierzu zeigt der aktuelle Stand der Forschung, dass wir mit einer achtsamen Lebensweise unsere Widerstandsfähigkeit stärken können. Neben Metaanalysen, welche die Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter Interventionen belegen (Joyce et al. 2018), weisen einige Studien darauf hin, dass sich Resilienz durch Achtsamkeit trainieren lässt: Eine aktuelle Studie von Denkova et al. (2020), die sich mit der Trainierbarkeit von Resilienz auseinandersetzt, zeigt, dass Achtsamkeitstraining die psychische Belastbarkeit signifikant erhöht. Zusammengefasst zeigt sich: Es lohnt sich – unabhängig davon, welche Ressource im Fokus steht –, Resilienz zu trainieren. Auch wenn sie nicht voll und ganz vor Krisen schützt, weisen diverse Studien darauf hin, dass resiliente Menschen physisch und psychisch gesünder sowie emotional stabiler sind.
 

«Weshalb wir beim Resilienztrainer nicht auf der Couch liegen»?

Im Gegensatz zum Vorurteil «Dann kann ich genauso gut zu einem Psychotherapeuten gehen!», stehen die Unterschiede in den Wirkweisen und Definitionen der beiden Tätigkeitsfelder. Während sich die Psychotherapie als therapeutisches Verfahren zur Behandlung seelischer Erkrankungen definiert, bedeutet ein Resilienztraining das Erlernen von Methoden und Techniken, um mit herausfordernden Situationen umzugehen. Zudem sind wichtige Wirkfaktoren einer Psychotherapie die Problemaktualisierung und Desensibilisierung, während es beim Resilienztraining um Akzeptanz, Lösungssorientierung und Selbstwirksamkeit geht.  Alles in allem ist Training eine selbstgesteuerte und konstruktive Form des Lernens, wobei der/die Trainer/-in mögliche Vorgehensweisen demonstriert, (Übungs-)Aufträge erteilt und als Sparringpartner/-innen in Übungen dient.

Autorin: Sonja Kupferschmid Boxler

Ist beim Coachingzentrum Olten – dem Kompetenzzentrum für Coaching, betriebliches Mentoring, Supervision und Resilienztraining – in der Geschäftsführung tätig und hat sich beim Auf- und Ausbau des Weiterbildungsangebotes vertieft mit dem Thema Verhaltensveränderungen auseinandergesetzt.
 


Literaturverzeichnis

Denkova, E., Zanesco, A. P., Rogers, S. L., & Jha, A. P. (2020). Is resilience trainable? An initial study comparing mindfulness and relaxation training in firefighters. Psychiatry Research.

Joyce, S., Shand, F., Tighe, J., Laurent, S. J., Bryant, R. A., & Harvey, S. B. (2018). Road to resilience: a systematic review and meta-analysis of resilience training programmes and interventions. BMJ open.

Lösel, F., & Bender, D. (1999). Von generellen Schutzfaktoren zu differentiellen protektiven Prozessen: Ergebnisse und Probleme der Resilienzforschung. Was Kinder stärkt: Erziehung zwischen Risiko und Resilienz.

Werner, E.E. (1999). Entwicklung zwischen Risiko und Resilienz. Was Kinder stärkt: Erziehung zwischen Risiko und Resilienz.

 

ganzen Artikel lesen