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Generation Z: kleine gemeinsame Teiler, grosse gemeinsame Nenner
Die Generationendiskussion ist in aller Munde und trägt dazu bei, dass wir vielfältige, grundlegende Gemeinsamkeiten aus dem Auge verlieren. Unterschiede sind nämlich immer einfacher festzustellen als Gleichheiten und das gegenwärtige Narrativ über Generationsunterschiede und Generationskriege überdeckt, was wir alle gemeinsam haben. Wollen wir nicht alle unsere individuellen Stärken einbringen, unsere Eigenheiten berücksichtigt wissen und Wertschätzung erfahren? Tickt Gen-Z wirklich anders?
Von Sonja Kupferschmid und Pascal Dimitri Ruchti
Durch den demographischen Wandel und dessen Impact auf die Arbeitswelt sind teilweise bis zu fünf Generationen gleichzeitig in einer Organisation abreitstätig. Für HR-Verantwortliche ist daher das „Generationenbewusstsein“ eine wichtige Ressource, um werteorientiert einzustellen und entsprechende Fördermassnahmen im Betrieb zu installieren. Die Berücksichtigung einiger Differenzen zwischen jeweiligen Altersklassen kann vorteilhaft sein (z.B. Kommunikationswege), wenn dabei grundsätzliche Gemeinsamkeiten nicht zu kurz kommen. Beispielsweise die Generation Z, geboren in der Zeitspanne zwischen 1996 und 2010, zeichnet sich dadurch aus, dass die Arbeit sinnstiftend, geprägt von Selbst- sowie Mitbestimmung und Offenheit als auch Toleranz sein soll. Dies sind grundsätzlich globale Werte, welche über den Generation Gap hinweg gelebt werden wollen. Nur weil eine gewisse Alterskohorte ausdrücklich danach dürstet und dies als Voraussetzung kundtut, heisst das nicht, dass Erwerbstätige einer anderen Generation nicht auch gerne Sinnerleben und Kohärenz auf der Arbeit erfahren.
Fundamentale Veränderung durch Arbeit 4.0
Was haben Arbeit 4.0, New Work und VUCA mit der Generationendebatte zu tun? Auf einen ersten Blick lässt sich aus dem Stehgreif feststellen, dass die neue Arbeitswelt wie angegossen auf die Generation Z passt: Hyperflexibles Arbeiten, digitale Wandelungen und unvorhergesehene Ausgänge manch einer Geschäftsstrategie – die Welt ist zunehmend schnelllebiger, unvorhersehbarer und komplexer. Dadurch findet auch einen Wertewandel statt: Individualisierungstendenzen, Reflexionsfähigkeit und vielfältig alternative Lebensstile führen zu unterschiedlichen Priorisierungen in der Arbeitswelt.
Da sich offensichtlich aufgrund Digitalisierung und Globalisierung das Fundament ändert, auf dem die Arbeitswelt gebaut und Arbeitnehmende eingesetzt werden, wäre es schlicht zu kurz gegriffen zu sagen, der Wertewandel sei ausschliesslich durch neue Generationen bedingt. Viel eher ist es die Arbeit 4.0, welche neues Arbeiten erfordert: weg vom starren, hierarchischen Unternehmen hin zur flexiblen, dynamischen und agilen Organisation. Dies geschieht nur durch eine zeitgenössische Werteentwicklung – erreicht durch eine weitblickende Organisations- und Personalentwicklung.
Selbstorganisation und Eigenverantwortung für alle
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass selbstorganisierte und eigenverantwortliche Arbeitskräfte näher an der Sinnhaftigkeit und Selbstverwirklichung arbeiten und leben. Dadurch wird ein hoher Grad an Arbeitszufriedenheit ermöglicht und das Wohlbefinden und somit auch die Gesundheit der Belegschaft steigt. Der Aufwärtsstrudel geht weiter; durch ein sich wohlfühlendes Personal steigt deren Motivation und letztlich auch die Leistung. Das Resultat ist ein messbar höheres Commitment und ein steigender Identifizierungsgrad mit der Firma.
Durch ebendiese Zunahme an Kohärenz, also der Übereinstimmung zwischen organisationalen und personellen Wertevorstellungen, wird ein gesundes Biotop genährt, um gemeinsam - über Generationsschluchten hinweg - frühere Kompetenzen beizubehalten, ohne dabei neue Anforderungen aussenvor zu lassen. Oftmals sind es nämlich die neuen und modernen Ausdrücke, die bei früheren Generationen Scheu und Abneigung hervorrufen können. Dabei könnten alle davon profitieren. Langjährigere Mitarbeitende erlernen Fertigkeiten, um in der sich ohnehin wandelnden Arbeitswelt zurecht zu kommen und jüngere Arbeitnehmende mit viel Entwicklungspotenzial, welche der Firma tatendringlich in die Arme laufen, um Erfahrungen zu sammeln. Erfahrungen, welche sie im Optimalfall durch lehrfreudige, ältere Mitarbeitende entdecken. Dies haben KMU schweizweit erkannt, denn laut einer Studie der Hochschule Luzern ist das Hauptmotiv (92%) zur Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeitenden, dass das Know-how im Unternehmen behalten und weitergegeben werden kann (Hille et al. 2019).
Exkurs: Generationenmanagement
Eine ergiebige und florierende Zusammenarbeit zwischen Alterskohorten ist keine Selbstverständlichkeit. Damit Generationen lösungsorientiert einander optimal ergänzen und um langjähriges Know-how bestmöglich weiterzugeben, ist Generationenmanagement unerlässlich. Beim Generationenmanagement, als Teil des sogenannten Diversity Managements, geht es im Kern darum, Generationslücken nicht nur zu schliessen, sondern explizit davon zu profitieren und um einen passenden Wissenstransfer zu gewährleisten (Klaffke 2022). Durch Workshops, Begleitungsarbeit und Mentoring-Programme kann Generationenmanagement praktisch umgesetzt werden.
Generationen im Tandem: Ein Wirkungsfeld für betriebliches Mentoring
Die Autorinnen der Studie der Hochschule Luzern empfehlen für eine gelingende Zusammenarbeit und einen optimalen Transfer des Geschäftswissens die Installation von sogenannten «Tandems». Dabei sollen jüngere mit älteren Arbeitenden zusammengetan werden, beispielsweise über einen bestimmten Zeitraum oder in einer sogenannten Lunch-Lotterie. Dadurch wird Raum gegeben, um sich auszutauschen und sich gegenseitig näher zu kommen. So entsteht nicht nur ein Wissenstransfer, sondern ebenso ein Schmelztiegel für Wertvorstellungen (Hille et al. 2019).
Es liegt auf der Hand, dass ältere Mitarbeitende, nebst der intrinsischen Motivation, jüngeren etwas mitzugeben, gewisse Skills mitbringen sollten. Fähigkeiten und Kompetenzen, welche durch eine Ausbildung zur betrieblichen Mentorin, zum betrieblichen Mentor erlangt werden können. Über die Ecke hinausgedacht bedeutet dies indes, dass nicht nur Organisationen und jüngere Arbeitskräfte davon profitieren können, sondern auch die älteren, indem sie neue Kompetenzen erlernen und am Zahn der Zeit leben und dadurch ein lebenslanges Lernen verinnerlichen.
Das Z steht für Zusammenarbeit
Schlussendlich lassen sich gewisse Nuancen von Generationsunterschieden nicht leugnen. Doch dass daraus eine Lücke, ein Konflikt oder gar ein Generationenkrieg entfacht, ist eine sehr reduktionistische und ultimative Betrachtungsweise. Wir alle streben nach Partizipation, Individualität, Verantwortung und Vertrauen und wollen diese Aspekte in einem menschzentrierten Arbeitsumfeld erleben. Wenn wir jedoch das «Neue» ausschliesslich der neuen, jungen Generation Z zuschreiben, missachten wir die grundlegende Tatsache, dass sich die Arbeitswelt flächendeckend und vollumfänglich in einer Änderungsphase befindet. Wenn also der Blick erstmal von kleinen gemeinsamen Teilern abgewandt und zu grossen gemeinsamen Nennern zugewandt wird, bleibt viel mehr Spielraum für kulturellen Austausch und gemeinsames Wachstum.
Quellenangaben
Hille, A., Roos, B., Seiler-Zimmermann, Y. & Wanzenried, G. (2019): Generationenmanagement Studie – Teil 1 – KMU.
Klaffke, M. (2022): Erfolgsfaktor Generationen-Management – Roadmap für das Personalmanagement. In: Generationen-Management: Konzepte, Instrumente, Good-Practice-Ansätze. Wiesbaden: Springer Nature.
Die Autorenschaft
ist beim Coachingzentrum Olten in der Geschäftsführung tätig und hat sich beim Auf- und Ausbau des Weiterbildungsangebotes vertieft mit dem Thema Coaching auseinandergesetzt. Durch ihre langjährigen praktischen Erfahrungen und umfangreiches Knowhow als Arbeits- und Organisationspsychologin, als Coach und Ausbildnerin sowie in der Produkteentwicklung verfügt sie über ausgewiesenes Expertenwissen in den Bereichen Coaching, betriebliches Mentoring, Resilienztraining und Supervision & Teamcoaching.
Als BSc. Arbeits-, Organisations- und Personalpsychologie verfügt Pascal Ruchti über ein breites Grundlagenwissen in den Bereichen New Work, betriebliches Mentoring, Resilienz und Supervision.
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{Was ist das "Generationenbewusstsein" in Bezug auf die Arbeitswelt?}
Das "Generationenbewusstsein" bezieht sich darauf, dass in der heutigen Arbeitswelt oft bis zu fünf Generationen gleichzeitig in einer Organisation tätig sind. Es ist wichtig, die verschiedenen Bedürfnisse und Wertvorstellungen der Generationen zu berücksichtigen, um eine werteorientierte Einstellung zu fördern und entsprechende Fördermassnahmen zu implementieren.
{Was sind einige grundlegende Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen in der Arbeitswelt?}
Trotz der Unterschiede zwischen den Generationen teilen alle den Wunsch nach individueller Stärke, Berücksichtigung ihrer Eigenheiten und Wertschätzung. Alle Generationen streben nach einem Arbeitsumfeld, das sinnstiftend ist, Selbstbestimmung und Offenheit fördert und Toleranz gegenüber Vielfalt zeigt.
{Welche Rolle spielt die Arbeit 4.0 in der Diskussion über Generationsunterschiede?}
Die Arbeit 4.0, die neue Arbeitswelt mit digitalen Veränderungen und unvorhersehbaren Ausgängen, passt gut zur Generation Z. Die Wertewandel und Prioritäten, die mit der Arbeit 4.0 einhergehen, betreffen jedoch nicht nur bestimmte Generationen, sondern die gesamte Arbeitswelt.
{Warum ist Selbstorganisation und Eigenverantwortung in der Arbeitswelt wichtig?}
Selbstorganisation und Eigenverantwortung ermöglichen eine höhere Arbeitszufriedenheit, steigern das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und führen zu einer höheren Motivation und Leistung. Durch diese Praktiken entsteht ein gesundes Arbeitsumfeld, in dem Mitarbeitende sich mit der Firma identifizieren und langfristig engagiert bleiben.
{Wie kann Generationenmanagement dabei helfen, Generationenunterschiede zu überbrücken?}
Generationenmanagement, als Teil des Diversity Managements, zielt darauf ab, nicht nur Generationslücken zu schliessen, sondern auch von den verschiedenen Generationen zu profitieren und einen geeigneten Wissenstransfer zu gewährleisten. Dies kann durch Workshops, Begleitungsarbeit und Mentoring-Programme umgesetzt werden.
{Was sind "Tandems" im Kontext des Generationenmanagements?}
"Tandems" sind Paare von jüngeren und älteren Mitarbeitenden, die zusammenarbeiten, um sich auszutauschen und voneinander zu lernen. Diese Praxis fördert nicht nur den Wissenstransfer, sondern auch den kulturellen Austausch und das gemeinsame Wachstum über Generationsgrenzen hinweg.
{Welche Kompetenzen sollten ältere Mitarbeitende für betriebliches Mentoring mitbringen?}
Ältere Mitarbeitende, die als betriebliche Mentor/innen fungieren, sollten neben ihrer Erfahrung auch die Fähigkeit haben, ihr Wissen und ihre Fertigkeiten weiterzugeben. Dies kann durch eine Ausbildung zur betrieblichen Mentorin oder zum betrieblichen Mentor erlangt werden.
{Wie können Organisationen davon profitieren, ältere Mitarbeitende weiter zu beschäftigen?}
Die Weiterbeschäftigung älterer Mitarbeitenden ermöglicht es Organisationen, das Know-how im Unternehmen zu behalten und weiterzugeben. Dies fördert den Wissenstransfer und trägt zur langfristigen Stabilität und Entwicklung des Unternehmens bei.
{Was sind einige Beispiele für grundlegende Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen in der Arbeitswelt?}
Trotz der Unterschiede zwischen den Generationen streben alle nach Partizipation, Individualität, Verantwortung und Vertrauen in einem menschzentrierten Arbeitsumfeld. Indem der Fokus von kleinen gemeinsamen Teilern auf grosse gemeinsame Nenner gelenkt wird, bleibt mehr Raum für kulturellen Austausch und gemeinsames Wachstum.
{Warum ist es wichtig, die grundlegenden Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen in der Arbeitswelt zu erkennen?}
Indem die grundlegenden Gemeinsamkeiten zwischen den Generationen erkannt werden, können Organisationen ein Arbeitsumfeld schaffen, das für alle Generationen ansprechend ist. Dies fördert die Zusammenarbeit und das gemeinsame Wachstum über Generationsgrenzen hinweg.
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