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Innere Balance anstatt Weihnachtsstress

Stille Nacht, heilige Nacht – dafür umso stressiger in den Tagen davor und danach. Nach der Arbeit noch die Gästeliste schreiben, das Menü planen oder am Wochenende Geschenke kaufen. Die Zeit der Besinnung und Entschleunigung wird häufig zur echten Herausforderung für die persönliche Life-Balance. Dank einer Portion Selbstorganisation und Achtsamkeit, können wir unsere innere Stabilität stärken – um entspannt die Feiertage zu geniessen und gestärkt ins neue Jahr zu rutschen. 

Von Sonja Kupferschmied Boxler

Angestrengtes sich-entspannen, spontane Treffen mit lange nicht mehr gesehenen Freunden, «gemütliche» Adventsfeste mit der Familie und Apéros im Geschäft. Die (Vor-) Weihnachtszeit ist für einige vor allem eines: Stress pur. Nicht nur im Privaten, sondern auch im Arbeitsalltag werden noch hurtig Aufträge beendet und Aufgaben oder Projekte abgeschlossen. Um möglichst «rein und aufgeräumt» ins nächste Jahr zu starten wird in dieser Zeit einiges gestemmt. Wie steht es also um die Life-Balance in einer Zeit, in der Entschleunigung gewünscht, doch Stress die Realität ist? Die Kompetenz Selbstorganisation ist zum Jahresende der Schlüssel zur inneren Ruhe.
 

Unter den Tannenbaum lege ich mir dieses Jahr Ressourcen   

Stress ist - kurz auf den Punkt gebracht - die Abwesenheit des Gleichgewichtes zwischen (Arbeits-) Anforderungen und den Ressourcen, die zur Verfügung stehen, um diese Anforderungen zu bewältigen. Gesprochen wird hier von sogenannten Schutzfaktoren welche den Stress «abpuffern» und Risikofaktoren, welche ihn begünstigen. So entsteht oftmals in der Weihnachtszeit eine innere Unruhe, ein Unbehagen. Denn die zeitlichen Ressourcen, um alles unter einen Hut zu bringen, stimmen mit den Anforderungen (bspw. Geschenke kaufen, Freunde treffen und Arbeitsaufgaben abschliessen) nicht überein. Dazu kommen die Erwartungen an sich selbst und die persönliche Umgebung – die Feiertage müssen nicht perfekt sein, wir können gut auch einfach mal nein sagen.
 

In sich hineinhören und Ressourcen aktivieren

Bevor das Fass überläuft, der Weihnachtstag da und der Genuss ein Luftschloss ist, kann einiges proaktiv getan werden, um selbstermächtigt diese herausfordernde Zeit erfolgreich zu meistern.

Im ersten Schritt geht es darum, sich selbst den eigenen Zustand bewusst zu machen. Mit Reflexionsarbeit und geübter Achtsamkeit kann dies gelingen. Gerade in der Weihnachtszeit ist es dann in einem zweiten Schritt wichtig, sich in Selbstorganisation zu üben. Damit ist die Fähigkeit gemeint Pendenzen und Aufgaben für sich stimmig selbst zu organisieren. Indem wir uns fragen:  Was ist mir wichtig und was kann ich wie priorisieren, sparen wir Ressourcen und stärken gleichzeitig unsere Selbstwirksamkeit. Durch die Kompetenz Selbstorganisation wird es beispielsweise möglich trotz Herausforderungen wichtige Entspannungsrituale, Sport oder Momente in der Natur in den Alltag einzubauen. Regelmässige Spaziergänge oder bewusste Ausflüge ans Fenster des Büroraumes sind nämlich verlässliche «Hausmittel», um Ruhe und Gelassenheit in die quirlige Zeit zu bringen. Mit solchen bewussten, selber organisierten «Alltag-Tricks» kann es einem ganz leichtfallen, gegen den Adventstress anzugehen oder ihn im besten Falle gar nicht entstehen zu lassen.  Denn wenn es um Ressourcenaktivierung geht, ist es wichtig, nicht erst in einem akuten Stresszustand  damit zu beginnen, sondern schon bevor überhaupt die «Not» da ist - also Prävention.. Solche präventiven Ressourcen sind sehr wirksam, wenn auch hochindividuell. Von Mensch zu Mensch unterscheiden sich die stärkenden Massnahmen, weshalb es empfehlenswert ist, sich den eigenen, ganz persönlichen Ressourcen bewusst zu werden.


Exkurs: Resiliente Einsatzkräfte

Wer arbeitet während der Feiertage? Notfallärzte, Polizeiarbeitende oder Feuerwehrfrauen – Menschen, welche als Einsatzkräfte arbeiten, sind nochmals mehr gefordert und darauf angewiesen, im Umgang mit Stress resilient zu sein. Denn einerseits ist der Beruf in Risikosituationen immer einer Ungewissheit, Volatilität und Komplexität ausgesetzt. Andererseits sind die Einsatzkräfte auch privat von den Auswirkungen der Vor-(Weihnachtszeit) betroffen und müssen daher umso mehr auf die eigenen Ressourcen und die innere Balance achtgeben. Durch Achtsamkeit, Selbstmitgefühl und einer guten Portion Selbstorganisation wird die persönliche Resilienz gestärkt und die Life-Balance trotz hoher Anforderungen gehalten (Scherrer, 2020).


 

 

 

 

 

 

 

 

Stressoren- und Ressourcenanalyse

Eine gute und einfache Übung, um sich den eigenen, individuellen Ressourcen für den Umgang mit Stress bewusst zu machen, ist die Stressoren- und Ressourcenanalyse. Die Auseinandersetzung mit eigenen, ganz persönlichen Stressoren und Ressourcen ist eine wichtige Arbeit auf dem Weg zur Selbstorganisation. Analysieren wir unseren Alltag und dessen Stressoren, und ordnen den jeweiligen Beanspruchungen individuelle Ressourcen (kognitive, körperliche, soziale, emotionale, motivationale Ressourcen) zu, dann können wir diese ausbauen und stärken, bewusst wahrnehmen und neue Ressourcen für kommende Herausforderungen erschliessen.

Schritt 1: Stressorenanalyse
Überlegen Sie sich, was Ihre persönlichen Stressoren sind. Begeben Sie sich dazu gedanklich in ein Alltagszenario, welches Ihnen «Mühe» bereitet und malen Sie es sich möglichst detailreich aus.

Schritt 2: Ressourcenanalyse
In einem zweiten Schritt machen Sie sich Gedanken zu Ihren Ressourcen. Dabei wird unterschieden zwischen sogenannten kognitiven Ressourcen (bspw. Fachwissen), emotionalen Ressourcen (z.B. Optimismus), körperlichen Ressourcen (z.B. Ernährung), sozialen Ressourcen (bspw. Freunde) und motivationalen Ressourcen (z.B. Zielsetzung).  

Stellen Sie sich dabei folgende Fragen:

  • Über welche Ressourcen verfüge ich?
  • Welches Können steht mir zur Verfügung?
  • Was ist mir wichtig (z.B. kreativ sein, diszipliniert sein, Humor etc.)?

Wenn wir uns immer wieder unsere eigenen Ressourcen in Erinnerung rufen, diese strukturieren und sozusagen mit deren Einsatzgebieten beschriftet in unserem Werkzeugkoffer bereitlegen, ist das ein wichtiger Schritt zur selbstwirksamen Selbstorganisation. In herausfordernden Momenten können wir dann unser Ressourcen-Sortiment zücken, die passende Massnahme für die jeweilige Herausforderung heraussuchen und einsetzen.
 

Ressourcengewinnung mit Begleitungsarbeit
Die Ressourcenarbeit, also das Stärken von Stärken ist in der Begleitungsarbeit eine grundlegende Haltung und stellt in verschiedenen Tools und Methoden ein wichtiges Werkzeug dar. Sei es für die Mobilisierung der Selbstorganisation oder für einen stimmigen Umgang mit der eigenen Life-Balance - Begleitungspersonen befähigen Menschen, selbstwirksam und stärkenorientiert anspruchsvolle Herausforderungen zu meistern. Also auch in den Feiertagen eine Möglichkeit, den persönlichen Schlüssel zum eigenen Weihnachtsglück zu finden.


Literaturverzeichnis

Scherrer, Yvonne (2020): Organisationale Resilienz und Antifragilität in Einsatzorganisationen. In: E. Kern, G. Richter, J. Müller & F. Voss (Hrsg.), Einsatzorganisationen: Erfolgreiches Handeln in Hochrisikosituationen. Wiesbaden: Springer.



Autorin: Sonja Kupferschmid Boxler

Ist beim Coachingzentrum Olten – dem Kompetenzzentrum für Coaching, betriebliches Mentoring, Supervision und Resilienztraining – in der Geschäftsführung tätig und hat sich beim Auf- und Ausbau des Weiterbildungsangebotes vertieft mit dem Thema Verhaltensveränderungen auseinandergesetzt.



Lehrgang Coaching Mentoring

https://www.coachingzentrum.ch/ausbildung/betrieblicher-mentor-mit-eidg-fa/

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