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New Learning

Know-how & Do-how for Coaches im April 2023

Lesedauer: ca. 5 Minuten

Lerne in diesem Monat den Begriff «New Learning» kennen - erfahre durch Sonja Kupferschmid, Geschäftsführung, was darunter zu verstehen ist und wie du dieses Wissen in deinen Praxisalltag als Begleitungsperson wirkungsvoll integrieren kannst.

New Learning

Der gegenwärtige Digitalisierungsprozess durchdringt fortlaufend nahezu all unsere Lebensbereiche und generiert sowie bedingt einen gesellschaftlichen Wandel. Die dadurch zunehmende Dynaxität fordert neue Denkansätze. An kaum einem Ort ist die Transformation zur Individualisierung durch technologische Möglichkeiten besser festzustellen als in unserem Arbeitsalltag. Geht es konkret um unser Lern- und Lehrverhalten innerhalb der Arbeitswelt 4.0, ist die Rede vom Begriff «New Learning» (Kergel et al. 2022). 

Definition

«New Learning» basiert auf dem New-Work-Konzept und hat die Selbst- und Potenzialentfaltung der Lernenden zum Ziel - so zu sagen die Humanisierung des Lernens. New Learning bezeichnet Lernprozesse, welche als sinnhaft erlebt werden und die Teilhabe an der Gemeinschaft ermöglichen. Diese Prozesse sind geprägt durch Selbstbestimmung, Autonomie und dem Streben nach (Selbst)Wirksamkeit. Ein hohes Mass an Selbstverantwortung und Zugehörigkeit ist dabei die essenzielle Voraussetzung. Wenn der Begriff «New Learning» differenziert betrachtet wird, zeigt sich, dass er Schnittstellen, aber eben auch Unterscheidungen zu anderen lerntheoretischen Ansätzen wie agiles Lernen und Lernen 4.0 aufweist (Foelsing & Schmitz 2021). 

New Learning, Agiles Lernen und Lernen 4.0 

Der öffentliche Diskurs rund um neue Lernphilosophien verwendet agiles Lernen, Lernen 4.0 und New Learning gerne als Synonyme. Grundsätzlich haben alle drei Ansätze einen geteilten Nenner; Digitalisierung. Unterscheiden lassen sie sich vor allem bei den Faktoren und Treiber, die bei den verschiedenen Lernkonzepten im Vordergrund stehen.

Agiles Lernen
Agiles Lernen zeichnet sich durch die Anpassung an veränderte Umstände aus und hat einen klaren Aufbau und ist bestimmt durch etappenartiges Lernen. Ein Beispiel, um dies umzusetzen ist das Arbeiten mit der Scrum-Methode. 

Lernen 4.0
Lernen 4.0 steht für die Nutzung von künstlicher Intelligenz und Big Data. Im Vordergrund steht die Interaktion zwischen Menschen und Maschine. Beispielsweise der kompetente Umgang mit Such- und Recherchemaschinen kann als Element von Lernen 4.0 gelten. 

New Learning
New Learning bedeutet, wie bereit in der Definition betont, Potenzialentfaltung, Selbstbestimmung und Sinnorientierung im Lernprozess. Lerngemeinschaften sind gute angewandte Beispiele, um die Strukturen rund um New Learning umzusetzen. 

Durch diese Differenzierung ist es möglich die Ansätze in der Praxis spezifischer einzusetzen. Indem die genannten Unterschiede sowie die Gemeinsamkeiten wie die hohe Individualisierung, die kollaborative Lernumgebung, der Effizienzgedanke und die Selbstorganisation beachtet werden, gelingt eine erfolgreiche Umsetzung in den Arbeitsalltag (Graf & Schmitz 2020). 

Die Grundlage - Bedürfnisorientiertes Lernen 

Die lerntheoretische Ausgangslage von New Learning fusst auf der Erkenntnis, dass das Lernen in Netzwerkgesellschaften – also engvernetzte VUCA-Welten – rein bedürfnisorientiert erfolgt. Dabei wird der Lernbedarf ausschliesslich von den Lernenden selbst identifiziert: Was verstehe ich (noch) nicht und was dabei ist für mich und meine Ziele relevant? Das eigene Ziel wird dabei zur grundlegenden Lernmotivation und diese Motivation ist wiederrum die Grundvoraussetzung für ein nachhaltiges Lernerlebnis. Bedürfnisorientiertes Lernen bedeutet jedoch nicht nur die vorhandene Relevanz hinsichtlich unserer Ziele, sondern genauso die zeitlich und räumlich flexible Möglichkeit – auch bekannt unter dem englischen Begriff «on-demand» (auf Nachfrage) – Zugang zu Lerninhalten zu haben (Foelsing & Schmitz 2021). 

Digitale Vernetzung als Schlüsselfaktor 
Sowohl die digitale Vernetzung, beispielsweise durch fachbezogene Social Media Plattformen, als auch die zwischenmenschliche und physische Vernetzung wie zum Beispiel durch Konferenzen und Kongresse, spielt bei New Learning eine zentrale Rolle. Der Aufbau des eigenen Netzwerkes, dass für die Befriedigung unseres Lernbedürfnisses zum sozialen Kapital wird, ist eine zentrale Lernkompetenz. Die Wichtigkeit des Zuganges zum Wissen, welches für uns und unsere Zielerreichung relevant ist, nimmt im Vergleich zum eigenen Wissen zu. Wenn wir beispielsweise Informationen über die chemische Zusammensetzung einer Tomate brauchen, um unserem Ziel näher zu kommen, müssen wir dafür nicht Chemie oder Ernährungswissenschaften studieren, sondern fragen beispielsweise eine Bekanntschaft aus unserem sozialen Umfeld, um die Einzelheiten zu erfahren (Foelsing & Schmitz, 2021). 

Die praktische Umsetzung von New Learning 

In der praktischen Umsetzung sieht das Ganze dann so aus, dass beispielsweise Lerninstitutionen, vor Allem in der Erwachsenenbildung und in Universitäten oder Fachhochschulen, lediglich die zum Lernen benötigten Infrastrukturen zur Verfügung stellen. Dozierende sind nicht als Lehrpersonen nach alter Auffassung zu verstehen, sondern als Eckpunkte des eigenen Netzwerkes und als Expertinnen und Experten eingesetzt. Dabei spielt in der Lernthematik das Wort «angewandt» eine elementare Rolle, denn Praxis- sowie Zielorientierung hilft dabei, komplexe Inhalte motivierend und nachhaltig zu verstehen. Design Thinking, Barcamp, MOOCs oder auch Working Out Loud (WOL) sind gegenwärtig gestandene Methoden, um den neuen Lernansatz, New Learning, zu implementieren und anzuwenden (Brand, Wittig & Foelsing 2021). 
 

Praxistipp für Begleitungsprozesse

Was bringt mir dieses Wissen in der Praxis?

Die Veränderungen im Zusammenhang mit der Digitalisierung sind immens, als Begleitungspersonen unterstützen wir unsere Kunden und Kundinnen dabei erfolgreich mit den Herausforderungen und Möglichkeiten umzugehen. Dabei bietet uns New Learning ein passendes Mindset, welches sich in den Grundsätzen Potenzialentfaltung, Selbstbestimmung und Sinnorientierung widerspiegelt. Indem wir diese Grundhaltungen in unsere tägliche Begleitungsarbeit einfliessen lassen sowie einen bedürfnisorientierten Ansatz leben und fördern, geben wir unseren Kundinnen und Kunden wirkungsvolle Werkzeuge an die Hand, um sich individuell und zugleich erfolgreich für die Arbeitswelt 4.0 zu rüsten. Auch für die Weiterentwicklung unserer eigenen Begleitungspraxis, können wir das Wissen rund um New Learning einsetzen. Indem wir uns beispielsweise vernetzen, können wir die Chancen rund um die heutigen Herausforderungen wahrnehmen und nutzen sowie unsere Begleitungsarbeit immer wieder den laufenden Veränderungen anpassen. New Learning ist ein Beispiel dafür, wie wir einerseits selbst das Positive aus der Digitalisierung nutzen und einen bedeutenden Schritt in Richtung Humanisierung der VUCA-Welt machen können. Andererseits unseren Kunden und Kundinnen das passende Werkzeug mitgeben können, um die Chancen der Arbeitswelt 4.0 am Schopf zu packen und den individuell passenden Weg durch die Digitalisierung zu finden. 


Quellenangaben

Brand, Markus / Wittig, Sonja & Foelsing, Jan (2021) : New Learning – Selbstbestimmtes, kollaboratives Lernen für New Work. Verfügbar unter : www.business-wissen.de/artikel/new-learning-selbstbestimmtes-kollaboratives-lernen-fuer-new-work/ (abgerufen am 24.08.2022). 

Graf, Nele & Schmitz, Anja (2020) : Agiles Lernen, New Learning, Lernen 4.0. Personalmagazin, 01/20, S. 77-88. 

Kergel, David / Trifonas, Peter / Letamendia, Arkaitz / Paulsen, Michael / Nowakowski, Samuel / Telleus, Patrick / Rachwal, Tadeusz & Heidkamp-Kergel, Birte (2022) : Learning in the Digital Age, Diversität und Bildung im digitalen Zeitalter. Wiesbaden : Springer. 

Foelsing, Jan & Schmitz, Anja (2021) : New Work braucht New Learning : Eine Perspektive durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten. Wiesbaden : Springer. 
 



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