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Rollenwechsel im betrieblichen Mentoring- Ein Erfolgsfaktor im „New Normal"

Rollenwechsel im betrieblichen Mentoring- Ein Erfolgsfaktor im „New Normal“

Bald ist es wieder soweit - Clowns, Hexen, Cowboys, Prinzessinnen und Polizist/-innen laufen durch die Strassen – die Fasnacht ist da. Ein paar Verkleidungen bringen uns zum Lachen, andere machen uns etwas Angst und Einzelne lassen uns träumen. Für diese Vielfalt wechseln wir von unserer alltäglichen Rolle in eine andere Version unseres «Ichs». Damit dieser Rollenwechsel gelingt, brauchen wir eine gute Vorbereitung, also was oder wen wollen wir verkörpern? Auch die Bereitstellung des nötigen Zubehörs, also das Kostüm, darf nicht vergessen werden und zum Schluss muss die Umsetzung gelingen. Ein Clown kann schliesslich niemanden zum Lachen bringen, wenn er eine schaurige Hexenmaske trägt und traurig in einer Ecke steht.

Von Sonja Kupferschmid Boxler

Wie wir an der Fasnacht in verschiedene Rollen schlüpfen, nehmen wir als betriebliche/-r Mentor/-in je nach Situation und Bedürfnis unserer Kundinnen und Kunden auch eine andere berufliche Rolle ein. Die Veränderungen der heutigen Arbeitswelt – Homeoffice, flexible Arbeitszeiten und Führung aus Distanz – erfordern von allen Beteiligten eine laufende Anpassung und Entwicklung. Zudem setzt das «New normal» auf individuelle statt Standartlösungen. Das betriebliche Mentoring bietet dank seiner Rollenvielfalt eine individuelle Weiterbildungsmöglichkeit und unterstützt so Führungskräfte, Teams und Mitarbeiter/-innen im Umgang mit herausfordernden Situationen.

Reflexion der beruflichen Rolle
Auf dem Weg zum betrieblichen Mentor setzt man sich intensiv mit sich und seinem Tun auseinander. Zu diesem persönlichen Entwicklungsprozess gehört auch dazu, sich privat wie auch beruflich zu reflektieren. Indem man sich bewusst vermehrt auf der Meta-Ebene bewegt und eine ganzheitliche Perspektive entwickelt, kommt oftmals mehr Gelassenheit auf, die hilfreich für den Umgang mit Herausforderungen ist. Damit einher geht eine erhöhte Frustrationstoleranz, die wiederum zu einer effektiveren Zielerreichung führen kann. Umso mehr, wenn die Rollen gewechselt und der individuellen Situation angepasst werden, ist es wichtig sich seinen verschiedenen beruflichen Rollen bewusst zu sein.

„Willst du ein guter Kommunikator sein, dann schau auch in dich selbst hinein!“ (Schulz von Thun)

Das passende Mindset
Das Mindset, welches im Entwicklungsprozess geformt wird, wird als Coachinghaltung bezeichnet. Diese Haltung und das damit verbundene Know-how werden im betrieblichen Mentoring aktiv eingesetzt. Betriebliche Mentoren/-innen unterstützen Führungspersonen, Teams und Mitarbeitende in deren Arbeits- und Berufsfeld bei der Bewältigung beruflicher Herausforderungen. Dies bedeutet, sie bearbeiten mit ihnen arbeitsplatzbezogene Fragestellungen, geben neue Impulse und helfen, nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Die Handlungskompetenz von betrieblichen Mentoren zeigt sich durch die Fähigkeit, verschiedene Rollen aufgaben-, bedarfs- und situationsgerecht auszuüben und wirkungsvoll einzusetzen.

Das Zürcher Ressourcen Modell
«Blicke in dein Inneres. Da ist die Quelle des Guten, die niemals aufhört zu sprudeln, wenn du nicht aufhörst zu graben» (Marc Aurel). Das Zürcher Ressourcen Modell bietet eine Möglichkeit dieser inneren Quelle auf die Spur zu kommen, unsere zwei Systeme zu koordinieren und so unsere Neujahrsvorsatz in die Tat umzusetzen. Dafür durchlaufen wir nach dem ZRM verschiedene Reifungsstadien. Um vom Wunsch, über die Motivation, zum Ziel zu gelangen, braucht es Zeit. Wie schon Cäsar, müssen wir den Rubikon überqueren, um unsere Vorhaben in die Handlung umzusetzen. Ein Vorsatz ist immer etwas Unverbindliches, mit einem Ziel hingegen legen Sie fest, was genau Sie bis wann erreicht haben wollen. Sie nehmen sich beispielsweise vor sich gesünder zu ernähren. Aber was heisst für sie gesund und was für Gefühle löst dieses Vorhaben in Ihnen aus? Sogenannte Motto-Zielen im Rahmen des ZRM, können uns dabei eine Stütze sein. Im Gegensatz zu herkömmlichen Zielformulierungen beziehen sich Motto-Zielen nicht auf die konkrete Handlung, sondern auf die innere Haltung den eigenen Vorsätzen gegenüber. Sie entsprechen also nicht unserem Verstand, sondern über die somatischen Marker unserem unbewussten System.  Eine Studie von Weber (2013) hat beispielsweise gezeigt, dass Motto-Ziele durch das Synchronisieren von Verstand und Unbewusstem die Selbstregulation, intrinsische Motivation und Optimismus anregen. Sie verringern auch den subjektiven Stress und die wahrgenommene Belastung, diese Veränderungen brauchen aber Zeit.

Trends und Schlüsselrollen im „New normal“
Je nach Ausgestaltung ihrer Tätigkeit sind betriebliche Mentor/-innen sowohl als Coach, als Berater/-in oder als Trainer/-in tätig. Wobei der Trend von agilen Arbeitsstrukturen sowie der Wunsch nach Prozessberatung keine klare Trennung der Rollen pro Setting mehr ermöglicht. Vielmehr sind wir als betriebliche Mentor/-innen gefragt dynamisch unterwegs zu sein innerhalb einer Begleitungssituation unserer Rolle wechseln zu können. Die drei Schlüsselrollen bringen unterschiedliche Verantwortungen für die/den betrieblichen Mentor/-in mit sich und unterscheiden sich folgendermassen:

1. Coach
Coaching ist lösungs- und ressourcenorientiert. Der Kunde gibt dabei den Inhalt vor und erarbeitet – unterstützt durch den Coach – für ihn stimmige Ziele und Lösungen. Der Coach begleitet den Prozess und setzt durch systemische Fragemethoden und Tools Impulse, die Raum schaffen für die Erarbeitung von individuell passenden und nachhaltigen Lösungen. In der Rolle des Coaches gibt der betriebliche Mentor weder Ratschläge noch Tipps, sondern unterstützt seine Kunden, selbst Lösungen zu erarbeiten, beispielsweise mit dem Ziel der Reflexion und Weiterentwicklung des Führungsstiles einer Führungskraft. Als Coach unterstützt der betriebliche Mentor den Kunden bei

der Reflexion des eigenen Verhaltens, regt Perspektivenwechsel an und hilft neue Verhaltensstrategien zu entwickeln. Des Weiteren kann Coaching beispielsweise in einem Teamsetting zum Ziel haben, das Team als Ganzes zu stärken und die Zusammenarbeit zu optimieren. Die aktuellen Veränderungen haben auch die Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden verändert. So sind heute der Umgang mit den persönlichen Ressourcen, sowie auch das Erwartungsmanagement innerhalb eines Teams wichtige Themen. Zudem hat der Wunsch nach digitalem Coaching stark zugenommen. Für betriebliche Mentor/-innen bedeutet dies eine Auseinandersetzung mit den entsprechenden Kompetenzen.

2. Berater
Beratung wird als Wissenstransfer verstanden. Eine erfahrene Person mit fachlichem Expertenwissen gibt dabei ihr Know-how im Sinne von Ratschlägen und Tipps weiter. Ziel der Beratungsperson ist es, die Kunden durch fachliche Hilfestellungen in ihrer beruflichen Entwicklung zu unterstützen. Der betriebliche Mentor setzt diese Rolle bewusst ein, falls dies situativ nutzbringend ist. Gerade der verstärkte Wunsch nach Nachhaltigkeit fordert einen gelungenen Wissenstransfer. Dieser ermöglicht Unternehmen einen dauerhaften Transformationsprozess. 

3. Trainer
Training kann einerseits zur Entwicklung oder Veränderung von Verhaltensweisen und andererseits zur Vermittlung und Festigung von Wissen eingesetzt werden. Als Trainer ist der betriebliche Mentor ein Fachexperte, der Spezialwissen vermittelt, die Inhalte und Anleitungen zur Umsetzung vorgibt und durch Übungen festigt. Trainingselemente setzt er beispielsweise ein, wenn er dem Kunden Übungen zum Beobachten oder Festigen mitgibt. Im «New normal» sind z.B. Trainings in Bezug auf Führung auf Distanz gefragt. Also wie es gelingt Nähe und Distanz im digitalen Setting aufzubauen und zu halten. Auch wie als Team, trotz Homeoffice und hybridem Arbeiten, gelingt erfolgreich zusammenzuarbeiten ist zurzeit ein wichtiges Thema.

Mit dem Berufsbild «Betrieblicher Mentor» werden also ganz bewusst Coaching, Beratung und Trainingselemente kunden- und situationsgerecht kombiniert, um Einzelpersonen bei Lern-, Veränderungs- und Entwicklungsprozessen optimal zu begleiten.

Autorin: Sonja Kupferschmid Boxler

Ist beim Coachingzentrum Olten – dem Kompetenzzentrum für Coaching, betriebliches Mentoring, Supervision und Resilienztraining – in der Geschäftsführung tätig und hat sich beim Auf- und Ausbau des Weiterbildungsangebotes vertieft mit dem Thema Verhaltensveränderungen auseinandergesetzt.

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