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Serendipity

Know & Do How for Coaches im Januar 2023

Topics für Coaches, betriebl. MentorInnen, SupervisorInnen und Resilienztrainer wirkungsvoll erklärt

In diesem Monat haben wir bei Sonja Kupferschmid, Geschäftsführung, nachgefragt, was das «Serendipity» bedeutet. Im folgenden Text erläutert sie, woher der Begriff stammt, was darunter zu verstehen ist und wie dieses Wissen in Begleitungsprozesse einfliessen kann. 

Serendipity

Post-it, Teflonpfannen oder Cola. Eine auf den ersten Blick wahllose Aufzählung von Begriffen? Nein, sie haben alle eines gemeinsam: Serendipity oder Serendipität – eine zufällige Entdeckung liegt diesen Produkten zu Grunde. Durch die Veränderung der Um- und Arbeitswelt sind wir vermehrt damit beschäftigt, Lösungen für noch nie da gewesene Herausforderungen zu kreieren. Dabei ist Agilität und Kreativität unerlässlich, denn wenn diese zwei Merkmale gewährleistet sind, können wir eine zufällige Entdeckung machen, von welcher wir eigentlich nie geträumt hätten. 

Definition

Serendipity ist eine Wortschöpfung eines englischen Autors Namens Horace Walpole (1754). Er schuf das Wort, um zu beschreiben, dass zufällige Befunde zugelassen werden können. Der Duden (2022) beschreibt das Wort als «(Prinzip der) Zufälligkeit einer ursprünglich nicht angestrebten, aber bedeutenden Entdeckung». Beispielsweise gehen wir in einen Laden, um Hosen zu kaufen und treffen dabei «zufällig» auf den Menschen unseres Lebens. Zufall oder Glück? Unter Serendipity oder Serendipität versteht man ein Prinzip, welches quasi den Glücksanteil aus einem Zufall entfernt. Das Prinzip beschreibt also, wie man Zufälle anlocken, nahe zu generieren kann. Wobei, aufgepasst: Wer Serendipity gezielt entstehen lassen will, widerspricht dem Prinzip des zufälligen Fundes, weshalb man Serendipity nicht aktiv ausüben, sondern höchsten erlauben kann.  

Serendipity – Aufgeschlossenheit in anderen Worten 

An und für sich beschreibt Serendipity etwas, das vor allem in der Forschung seit geraumer Zeit als Gütekriterium gilt: Die Aufgeschlossenheit dafür, dass ein gewünschtes oder antizipiertes Resultat anders, oder nicht eintreffen und dabei von unbeachteten Faktoren beeinflusst werden kann. Es beschreibt die Grundfähigkeit einer Person, aufmerksam alle Effekte zu beobachten und nach neuen Fragestellungen und Erfahrungen Ausschau zu halten. Gerade die Forschungsmethode der explorativen Feldstudie zielt auf genau dieses Serendipity-Prinzip, auf die Ergebnisoffenheit ab. 
Wen wir also mit erregten und gespitzten Sinnen durch die Welt gehen, uns Ziele setzten und offen dafür sind, diese auf eine andere Art wie gedacht zu erreichen oder durch die Suche nach etwas anderem darauf stossen, dann sind wir vor allem: Achtsam. 

Via Achtsamkeit und Neugierde zu Serendipity 

Wenn wir achtsam sind, uns dem vorherrschenden Moment hingeben und wertschätzen, was in ihm versteckt liegt, dann entdecken wir Potenziale in unzähligen kleinen Entdeckungen. Wir üben so unsere Akzeptanz für das, was gerade passiert und sind so dazu in der Lage, unser Herz zu öffnen – um nicht nur zu sehen, was wir sehen wollen, sondern zu entdecken was da ist. So ist es dann auch nur eine Frage der Zeit, und nicht des Glückes, bis wir kleine Dinge erfahren, die vom Augenblick an unser Leben verändern können. 

Charakterzüge für Serendipity

Der Informationswissenschaftler Naresh Agarwal resümiert in einer Literaturübersicht des Jahres 2015, dass Serendipity vor allem auf zwei Faktoren basiert: «Preparedness» (Bereitschaft) und «noticing» (wahrnehmen, Wahrnehmung). Es geht also darum, für den Wink des Zaunfalls bereit zu sein und ihn im richtigen Moment wahrzunehmen (Agarwal 2015). Seine Fachkollegin, Sanda Erdelez befragte Menschen zu unverhofften Glückmomenten. Darin konnte die Wissenschaftlerin ihre Annahme belegen, dass gewisse Charakterzüge die zwei Faktoren Bereitschaft und Wahrnehmung begünstigen: Diese Personen liessen sich nämlich leicht auf Abwege führen, entschieden schnell, was sie interessiert und was nicht, und sie hatten keine Angst zu scheitern (Erdelez 2020). 

Das Prinzip Serendipity als Innovationsansatz der Moderne 

Angesichts der aktuellen Weltlage und der Dringlichkeit, bestehende Strukturen gänzlich neu zu denken, bekommt Serendipity einen vielversprechenden Anstrich. Obwohl Zielsetzung und -Erreichung unerlässlich sind, dürfen wir nicht vergessen, auf dem Weg zum Ziel genügend Freiraum zu haben, um ergebnisoffen, neugierig und achtsam zu sein. Kreativität ist gegenwärtig einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren und dafür stellt das Prinzip Serendipity und dessen Philosophie eine nachhaltige Grundlage dar. Sind Sie «per Zufall» auf diesen Beitrag gestossen? Vielleicht waren Sie einfach achtsam, offen und in Bereitschaft, sich der Serendipity hinzugeben um etwas Neues, Unerwartetes dazuzulernen.


Praxistipp für Begleitungsprozesse

Was bringt mir dieses Wissen in der Praxis?

Als Begleitungspersonen sind wir mit Kundinnen und Kunden unterwegs, die oftmals auf der Suche nach etwas sind: Sei es eine stimmige Life-Balance, eine berufliche Neuorientierung oder eine Entscheidung innerhalb einer aktuellen Herausforderung. Das Prinzip Serendipity bietet innerhalb des Begleitungsprozesses eine Unterstützung dafür, eine innere Flexibilität zu bewahren und sich dank einem Independent Mind nicht fremdbestimmen bzw. von äußeren Umständen aus der Bahn werfen lassen. Sowohl für uns als Begleitungsperson, als auch für unsere Kundinnen und Kunden ist es von Vorteil, achtsam und ergebnisoffen unterwegs zu sein und so eine gewisse Voreingenommenheit abzulegen. Vielleicht ist die Suche nach der nächsten systemischen Frage ein Auslöser für eine neue, unbedachte Entdeckung? Vielleicht ist die Suche nach einer Lösung die Geburtsstätte einer innovativen Idee? Serendipity schafft Raum für Momente und eröffnet die Möglichkeit Schöpfer des eigenen Lebens zu sein - und alles was es braucht, ist eine Portion Achtsamkeit, Neugierde und Aufgeschlossenheit. 


Quellenangaben

Agarwal, Naresh (2015) : Towards a definition of serendipity in information behaviour. Information research : an international electronic journal (Aufl. 20). Sheffield : Thomas D. Wilson Verlag. 

Duden (2020) : Serendipität. Verfügbar unter : https://scholar.google.com/citations?view_op=view_citation&hl=en&user=ITyWRkUAAAAJ&citation_for_view=ITyWRkUAAAAJ:IT1MJ6E3JesC

Erdelez, Sanda (2020) : Information encountering re-encoutered : A conceptual re-examination of serendipity in the context of information acquision. Journal of Documentation. Emerald Publishing Limited. 



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