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Teal Organisation

Know-how & Do-how for Coaches

 

Lesedauer: ca. 7 Minuten

Aktuelle Begriffe aus der Coachingwelt einfach und praxisnah erklärt.

Lerne in diesem Monat den Begriff «Teal Organisation» kennen - erfahre durch Karin Sidler, Geschäftsführung, was darunter zu verstehen ist und wie du dieses Wissen in deinen Praxisalltag als Begleitungsperson wirkungsvoll integrieren kannst.

Teal Organisation

Die Modernisierung der Berufswelt, New Work, Digitalisierung und Arbeit 4.0 erfordert umfassendes Neudenken. Wo profit- und wachstumsorientierte Hierarchiestrukturen Normalität waren, findet eine Neuausrichtung statt. Sinnhaftigkeit, Ganzheitlichkeit und Innovation stehen im Fokus. Ein solches Umdenken geschieht nicht nur durch neue Techniken und moderne Tools, sondern durch einen Paradigmenwechsel, eine Kulturentwicklung. Teal Organisation ist eine Geschäftsphilosophie, welche dies umsetzt und bei der die Intuition und die inneren Werte jedes Mitarbeitenden Platz finden.

Definition

Der Begriff Teal Organisation stammt von Frédéric Laloux, der in seinem Buch «Reinventing Organizations» New Work Strukturen erdenkt und definiert. Eine Teal Organisation berücksichtigt individuelle Wertesysteme und geht davon aus, dass verschiedene Lebensweisen unterschiedliche Konzepte von Führung, Arbeitsverteilung und Rollengestaltung erfordern. Die Idee der Teal Organisation zielt darauf ab, auf den Entwicklungsstand und die damit verbundenen Bedürfnisse einer Person einzugehen und dadurch zu wachsen (Laloux 2015). 

Farbschema - Das Stufenmodell nach Laloux

Von etablierten, traditionsreichen Unternehmen bis hin zu innovativen Startups gibt es eine Vielzahl von Organisationsansätzen. Diese Ansätze definieren die Art und Weise wie gearbeitet und geführt wird. Laloux bietet ein Stufenmodell an, um diese Paradigmen zu veranschaulichen, angefangen von hierarchischen Strukturen bis hin zur Selbstorganisation. Es beschreibt die verschiedenen Denkweisen von Rot, einer impulsiven, bis hin zu Türkis (Teal), einer integriert evolutionären Weltsicht (siehe Abbildung 1).

Laloux (2015) betont dabei, dass die verschiedenen Organisationsparadigmen zwar als Stufen dargestellt werden, dies aber keine Bewertung abbilden soll. Die Stufen unterscheiden sich hinsichtlich der Komplexität des jeweiligen Paradigmas. Es ist durchaus möglich, dass eine Organisation, je nach Situation nach verschiedenen Paradigmen handelt. 

Drei Merkmale der integralen evolutionären Organisation

Obwohl Organisationstheorie oft abstrakt wirkt, zeigen sich gute Ansätze, wenn sie in der Praxis erprobt wurden. Teal Organisations sind bereits Realität, wenn auch noch nicht allzu weit verbreitet. Aus diesen bisherigen Erfahrungen ergeben sich bestimmte Merkmale, die allen solchen Unternehmen gemeinsam sind. Das integral-evolutionäre Welt- und Organisationsbild umfasst in der Praxis vor allem drei Merkmale:

Selbstmanagement

In Teal Organisations übernehmen selbstverwaltende und selbstorganisierte Teams die Führung. Die Mitarbeitenden innerhalb dieser Teams übernehmen bestimmte Rollen, in denen sie sowohl führen als auch operieren. Im Mittelpunkt steht die Persönlichkeitsentwicklung durch Selbstverantwortung (Graf 2019).

Ganzheitlichkeit

Im Sinne von Holokratie geht es darum, einen übergeordneten Sinn zu schaffen, der es allen Mitarbeitenden ermöglicht, ihre Stärken und Vorlieben ausüben zu können und dafür geschätzt zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Ganzheitlichkeit erforderlich, die von der Führungskultur über die Raumgestaltung und der Teamzusammensetzung bis hin zu zielgerichteten Prozessen reicht.

Evolutionärer Sinn

Der evolutionäre Sinn, wie ihn Laloux verstehet, entwickelt sich aus den oben genannten Merkmalen der Organisation heraus. Anstatt der Organisation Sinn aufzuzwingen, soll ein gemeinsames Verständnis und eine kollektive Sensibilität entstehen (Laloux 2015).

Ego zurückdrängen, Gemeinsinn stärken

In der heutigen Arbeitswelt speilt das Ego oft noch eine grosse Rolle. Es beeinflusst unsere Sorgen, gestaltet unsere Ziele und leitet daraus unsere Wünsche ab. Dadurch entstehen Opportunismus, Informationshort und unauthentische Organisationsstrukturen. Um dem Teal-Paradigma gerecht zu werden, müssen solche Phänomene angegangen werden (Laloux 2015). Gefragt sind dabei nicht Menschen, die kein Ego besitzen oder Strukturen, die es unterdrücken. Vielmehr geht es darum, egoistische Überlegungen weniger attraktiv zu machen. Durch einen direkten Informationsfluss im Unternehmen, der Ermächtigung der Mitarbeitenden und Authentizität, können wichtige Grundlagen geschaffen werden, um den gemeinsamen Sinn zu stärken (Jeromin, Jourdan & von Nell 2018).

Neuer Ausdruck in der modernen Startelf

Grundsätzlich ist Teal Organisation nichts völlig Neues. In den Kreisen rund um New Work drehen sich alle Ansätze und Philosophien um ähnliche Prinzipien: Selbstorganisation, Ermächtigung, Gemeinsinn und Agilität. Daher ist es kein Zufall, dass der Begriff Teal Organisation gut in dieses Spektrum passt. Es ist ein weiteres Werkzeug in einer wachsenden Sammlung von Ansätzen, welche die Machbarkeit der Arbeitswelt 4.0 und Agilität unterstützen. Es ist ein Ausdruck des Zeitgeistes, einer Ära des Umbruchs, der Innovation und des Neudenkens.

Praxistipp für Begleitungsprozesse

Was bringt mir dieses Wissen in der Praxis?

Als Begleitungspersonen unterstützen wir Menschen bei beruflichen Herausforderungen und persönlicher Entwicklung, damit sie sich in einer VUCA-Welt nachhaltig ressourcenreich und agil bewegen können. Wir stehen ihnen zur Seite, wenn Organisationen Transformationsprozesse durchlaufen und bereichern unsere Kundinnen und Kunden mit wichtigen Zukunftskompetenzen wie zum Beispiel Selbstorganisation. Ob Unternehmende, Führungskräfte oder Mitarbeitende, die Arbeitswelt 4.0 umfasst alle, übereinstimmend mit dem Prinzip der Ganzheitlichkeit. Auch die Begleitungsarbeit selbst ist ein Teil eines grösseren Ganzen, und so können wir aus der «türkisen Stufe» wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Mit der integral-evolutionären Weltsicht und ihren Merkmalen als Mindset, stärken wir die Widerstandskraft ganzer Organisationen, um auch in Zukunft erfolgreich unterwegs zu sein.


Quellenangaben

Graf, A. (2019): Selbstmanagementkompetenz in Organisationen stärken: Leistung, Wohlbefinden und Balance als Herausforderung. Springer.

Jeromin, J., Jourdan, G. & von Nell, F. (2018): Leadership und Organisationen mit reduzierten Hierarchien: Praxiswissen für die Führungsaufgabe. Springer.

Laloux, F. (2015): Reinventing Organizations: Ein Leitfaden zur Gestaltung sinnstiftender Formen der Zusammenarbeit. Verlag Franz Vahlen GmbH.


[astart]

{Was ist eine Teal-Organisation?}

Eine Teal-Organisation ist ein fortschrittliches Unternehmensmodell, das auf Selbstorganisation, Ganzheit und evolutionärem Sinn basiert.

{Welche Vorteile bietet eine Teal-Organisation?}

Teal-Organisationen fördern Autonomie, Innovation und eine tiefere Sinnhaftigkeit in der Arbeit, was zu höherer Mitarbeiterzufriedenheit und Effizienz führt.

{Wie unterscheidet sich eine Teal-Organisation von traditionellen Organisationsstrukturen?}

Teal-Organisationen verzichten auf hierarchische Strukturen und fördern stattdessen selbstorganisierte Teams und Entscheidungsfindung durch Konsens.

{Welche Herausforderungen können bei der Umstellung auf eine Teal-Organisation auftreten​​​​​​​?}

Die Umstellung kann kulturelle Veränderungen erfordern und auf Widerstand stossen, insbesondere in Bezug auf etablierte Hierarchien und Entscheidungsprozesse.

{Wie kann man den Übergang zu einer Teal-Organisation erfolgreich gestalten​​​​​​​?}

Ein erfolgreicher Übergang erfordert klare Kommunikation, Schulungen und Unterstützung für alle Mitarbeitenden, um die neuen Prinzipien und Arbeitsweisen zu verstehen und anzunehmen.

[aende]