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Vom Wunsch zum Erfolg: Mit dem Zürcher Ressourcen Modell Schritt für Schritt ans Ziel

Lesedauer: ca. 7 Minuten

Kommt Ihnen das bekannt vor? 08:00 Sie öffnen den Laptop und checken die ersten Mails. 09:30: das erste Meeting steht an und schon ist der Morgen vorbei. Nach einer kurzen Mittagspause geht es weiter. Die nächsten Termine warten schon. So sieht für viele der Alltag aus: getrieben von Aufgaben und To-Dos, ohne wirklich zu hinterfragen, was uns genau motiviert oder welche Richtung wir eigentlich einschlagen wollen. Oft geht es nur noch darum zu funktionieren und die ellenlange Liste an Aufgaben abzuarbeiten. Doch was wäre, wenn es eine Methode gäbe, die uns dabei hilft, nicht nur durch den Tag zu kommen, sondern mit Klarheit und innerer Stärke unsere persönlichen Ziele zu verfolgen? Genau hier setzt das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM) an. Dieses wissenschaftlich fundierte Selbstmanagement-Training, das auf den neuesten Erkenntnissen der Neurowissenschaften, der Motivationspsychologie und der Psychoanalyse basiert, bietet weit mehr als nur Techniken für effizientes Arbeiten. Es hilft uns nicht nur dabei, eigene Ziele klar zu definieren, sondern auch, diese nachhaltig zu erreichen – und das auf eine Weise, die unsere persönlichen Stärken und Ressourcen berücksichtigt.

Sonja Kupferschmid und Pascal von Känel

Das Zürcher Ressourcen Modell (ZRM), entwickelt von Dr. Maja Storch und Dr. Frank Krause, basiert auf einem faszinierenden Prinzip: Es verbindet psychologische Erkenntnisse über das Zusammenspiel von bewussten und unbewussten Prozessen. Ursprünglich dafür konzipiert, um angehende Lehrkräfte vor einem Burnout zu bewahren, hat sich das ZRM mittlerweile in vielen Bereichen bewährt – von der Stressbewältigung über die berufliche und persönliche Entwicklung bis hin zum Coaching. Die zentrale Frage des ZRM lautet: Wie setzen wir uns Ziele, die nicht nur rational sinnvoll erscheinen, sondern uns auch emotional packen und wirklich motivieren (StudySmarter, o. D.)? Das Besondere am ZRM ist, dass es auf bereits vorhandenen inneren und äusseren Ressourcen aufbaut – Stärken, die oft im Verborgenen schlummern. Die Herausforderung besteht darin, diese Ressourcen zu entdecken und gezielt zu aktivieren, um persönliche und berufliche Ziele nachhaltig zu erreichen (Arnold, 2024).

Schritt für Schritt zu mehr Motivation und zur Zielerreichung

Das ZRM zeigt strukturiert in vier Phasen auf, wie aus einem vagen Gefühl eine klare Handlung abgeleitet werden kann. Die Phasen setzen jeweils unterschiedliche psychologische Prozesse in Gang und sind entscheidend, um persönliche Ziele klar zu definieren und sie auch erfolgreich und nachhaltig zu realisieren.

Phase 1: Das Thema

Die erste Phase beginnt oft mit einem unbewussten Wunsch oder einem vagen Unbehagen. Sie fühlen, etwas ist in der aktuellen Lebenssituation nicht mehr stimmig. Sie begeben sich mit dem ZRM auf die Suche nach diesem Bedürfnis. Dabei arbeiten Sie, abgeleitet aus der Psychoanalytik und tiefenpsychologischen Verfahren, mit unbewussten Anteilen. Sie suchen sich aus einer Bildersammlung mehrere Bilder aus, die positive Gefühle auslösen. Z.B. ein wolkenloser Himmel oder ein Bild vom Meer. Dabei sollten Sie sich nicht zu viele Gedanken machen, sondern aus dem Bauchgefühl heraus handeln. Danach sammeln Sie Assoziationen und Ideen zu den Bildern. Auch hier einfach wild drauf los. Das Meer könnte für Erholung stehen und der wolkenlose Himmel für Klarheit. Diese Ideen und Motive werten Sie dann mit der Affektbilanz aus. Zu jeder Idee und jedem Thema nehmen Sie eine spontane Bewertung der positiven und negativen Gefühle von 0 bis 100 vor. Im nächsten Schritt formulieren Sie die erlebten Gefühle aus und machen sich diesen bewusst, um anschliessend die wichtigsten persönlichen Motive abzuleiten (Benz, 2003; Arnold, 2024).

Phase 2: Vom Thema zum Ziel

Aus den Motiven wird nun ein konkretes, handlungswirksames Mottoziel. Dieses soll drei Kriterien erfüllen. Es soll ein Annäherungsziel sein, somit also positiv formuliert werden. Zum Beispiel sollte das Ziel nicht lauten: «Ich möchte in stressigen Arbeitssituationen nicht den Überblick verlieren», sondern positiv formuliert sein: «Ich behalte den Überblick, auch wenn es drunter und drüber geht!». Das Ziel sollte der persönlichen Kontrolle unterliegen. Also nicht von schlechtem Wetter, anderen Menschen etc. abhängig sein. Das dritte Kriterium besagt, dass das Ziel ein positives Gefühl vermittelt. Sie formulieren das Ziel so lange um, bis es durch einen somatischen Marker bestätigt wird. Durch diese positiven Emotionen, welche das Ziel auslöst, wird das Mottoziel wirksam. Mottoziele sind Haltungsziele. Das bedeutet, Sie setzen sich also nicht Ziele, welche beendet werden können, wie z.B. ein Projekt einzureichen, sondern ein offenes Ziel, welches Ihre Haltung betrifft. Z.B.: «Ich bin Feuer und Flamme für meine Projekte bei der Arbeit». Wenn Sie diese Phase erreicht haben, haben Sie den Rubikon überschritten, denn die Absicht kann nun in die tatsächliche Umsetzung übergehen (Benz, 2003; Arnold, 2024).

Phase 3: Vom Ziel zum Ressourcenpool

In dieser Phase erarbeiten Sie, welche Ressourcen zur Verfügung stehen, um das Ziel zu erreichen. Sie erstellen einen sogenannten Ressourcenpool. Damit das Ziel auch in Ihrem Kopf stark vorhanden ist, wird es durch Erinnerungshilfen im Alltag gestärkt. Dies können Desktop-Hintergründe, Figuren oder kleine Aufkleber sein, die auf Alltagsgegenstände geklebt werden, etc. um immer wieder an das Ziel erinnert zu werden. Dadurch werden die neuronalen Bahnen im Gehirn gestärkt. Zum Beispiel können für das Ziel: «Ich behalte den Überblick, auch wenn es drunter und drüber geht!» Bilder eines Adlers in der Luft, eines Menschen, der von einem Berg ins Tal blickt usw. als Hintergrundbild auf dem Desktop und dem Handy installiert werden. Ebenso können Aufkleber mit Adlern oder Ferngläsern am Arbeitsplatz angebracht oder eine Adlerfigur auf den Schreibtisch gestellt werden. So werden Sie jeden Tag im Büro an das Mottoziel erinnert (Benz, 2003; Arnold, 2024).

Phase 4: Die Ressourcen gezielt einsetzen

Mit einem konkreten Ziel, einem vollen Ressourcenpool und Erinnerungshilfen ausgestattet, geht es nun an die konkrete Realisierung des Ziels. Dabei wird zwischen drei Situationen unterschieden. In A-Situationen ist es einfach für Sie, das Ziel umzusetzen. B-Situationen sind Situationen, in denen es schon schwieriger ist, das Ziel zu verwirklichen. Der Vorteil ist, dass diese Situationen vorhersehbar sind und Sie diese entsprechend mit Wenn-Dann-Plänen planen können. Z.B.: «WENN mich Herr Mühlemann wieder anschreit, DANN bleibe ich die Ruhe selbst». C-Situationen sind unvorhersehbar und können die Umsetzung des Ziels sehr erschweren. In solchen Situationen fallen Sie häufig in alte Muster zurück. Durch das Training in A- und B-Situationen automatisieren Sie jedoch das Geübte, das neuronale Netz wird gestärkt und die Umsetzung des Ziels wird somit auch in C-Situationen zunehmend leichter für Sie (Benz, 2003; Arnold, 2024).

Synchronisierung von Kopf und Bauch

Somatische Marker sind ein wichtiger Bestandteil des ZRM. Sie sind Signale des Körpers, die bei der Bewertung von Alternativen helfen, wenn es um Entscheidungen geht. Dabei werden unbewusst Erfahrungen aus der Vergangenheit mit aktuellen Situationen verknüpft. Wenn sich bei Ihnen also beim Gedanken an ein Ziel ein mulmiges Gefühl in der Magengegend einstellt, ist das ein Warnzeichen, dieses Ziel nicht weiter zu verfolgen. Ein stimmiges Ziel sollte bei Ihnen positive Gefühle auslösen, wie ein wohliges Gefühl im ganzen Körper oder ein Lächeln im Gesicht, sobald Sie z.B. jemandem davon erzählen. Somatische Marker können Ihnen also dabei helfen, herauszufinden, welche Ziele sich richtig und stimmig anfühlen (StudySmarter, o.D.). Der Kopf wird also mit dem Bauch synchronisiert.

Mehr als nur eine einfache Zielformulierung

Das Zürcher Ressourcen Modell ist ein kraftvolles Werkzeug für Menschen, die ihre Ziele nachhaltig und ressourcenorientiert erreichen wollen. Durch die Kombination von Selbstreflexion, bewusster Zielsetzung und dem Rückgriff auf eigene Ressourcen entsteht ein Weg, der nicht nur zur Zielerreichung, sondern auch zu mehr Wohlbefinden und Lebensqualität führt. Im Coaching und in der persönlichen Weiterentwicklung kann das ZRM dazu beitragen, tiefgreifende Veränderungen herbeizuführen, die sich positiv auf alle Lebensbereiche auswirken. Egal ob berufliche oder private Ziele, das Modell bietet eine praxisnahe und wissenschaftlich fundierte Methode, um die eigenen Ressourcen zu mobilisieren und langfristig erfolgreich zu sein.


Andrea Szekeres, Lehrcoach und Trainerin beim Coachingzentrum und Resilienz-Spezialistin über ihre Erfahrungen mit dem ZRM

In meiner Arbeit als Trainerin und Coach erlebe ich das Zürcher Ressourcen Modell als eine der effektivsten Methoden, um Klient*innen dabei zu unterstützen, anspruchsvolle Ziele nachhaltig zu erreichen. Besonders beeindruckend ist die Kombination aus wissenschaftlicher Fundierung und Praxisnähe. Ein wesentlicher Aspekt, der das ZRM so wirksam macht, ist die Verbindung von rationalem Denken und (unbewussten) Emotionen. Oft höre ich von meinen Klient*innen, dass sie durch das Modell einen ganz neuen Zugang zu ihren eigenen Ressourcen finden. Die Arbeit mit Bildern und die Entwicklung von Mottozielen bringt nicht nur Klarheit, sondern schafft eine emotionale Verankerung, die es ermöglicht, selbst schwierige Herausforderungen mit Leichtigkeit und innerer Kraft (oder Willenskraft) anzugehen. Ein Beispiel aus der Praxis: Eine Klientin schilderte mir, wie hilfreich es für sie war, ihren Ressourcenpool bewusst in den Alltag zu integrieren. Durch gezielte Erinnerungshilfen – wie ein Bild, das sie an ihrem Arbeitsplatz platziert hatte – konnte sie sich immer wieder an ihr Mottoziel erinnern und fühlte sich dadurch motiviert und gestärkt, auch in herausfordernden Situationen ihren Fokus zu behalten. Die Rückmeldungen zeigen mir immer wieder, dass die Methode nicht nur den Verstand, sondern auch das Bauchgefühl anspricht. Diese Synchronisierung von Kopf und Bauch ist entscheidend, um Veränderungen langfristig in den Alltag zu integrieren. Ich schätze am ZRM besonders die Vielseitigkeit: Es funktioniert nicht nur in klassischen Coaching-Settings, sondern auch hervorragend als Selbstmanagement-Werkzeug. Das Modell fördert die Selbstwirksamkeit und schafft eine Atmosphäre, in der Veränderung nicht als mühsam, sondern als machbar und motivierend erlebt wird. Für mich ist das ZRM weit mehr als eine Methode – es ist ein nachhaltiger Weg, um Menschen auf ihrer Reise zu mehr Klarheit, Motivation und Lebensqualität zu begleiten.


Die Autoren

Sonja Kupferschmid Boxler

Ist beim Coachingzentrum Olten in der Geschäftsführung tätig und hat sich beim Auf- und Ausbau des Weiterbildungsangebotes vertieft mit dem Thema Coaching auseinandergesetzt. Durch ihre langjährigen praktischen Erfahrungen und umfangreiches Knowhow als Arbeits- und Organisationspsychologin, als Coach und Ausbildnerin sowie in der Produkteentwicklung verfügt sie über ausgewiesenes Expertenwissen in den Bereichen Coaching, betriebliches Mentoring, Resilienztraining und Supervision & Teamcoaching.

Pascal von Känel

befindet sich im Masterstudium für Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie & Verhaltensmedizin an der Universität Bern. Mit ersten Berufserfahrungen im Bildungswesen und der Psychiatrie unterstützt er das Coachingzentrum als Mitarbeiter in der Produktentwicklung.


Literaturverzeichnis

StudySmarter (o. D.). Zürcher Ressourcen Modell. Abgerufen am: 14.10.2024, von https://www.studysmarter.de/schule/psychologie/anwendungsdisziplinen-der-psychologie/zuercher-ressourcen-modell/

Arnold, V. (2024, 18. April). Einführung in das Zürcher Ressourcen Modell – Leicht erklärt. Neuroflash. https://neuroflash.com/de/blog/zuercher-ressourcen-modell/

Benz, S. (2003). Ziele formulieren. Die Lösungs-orientierte Kurztherapie und das Zürcher Ressourcen Modell im Vergleich. (Proseminararbeit, Pädagogisches Institut). Universität Zürich.

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