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Design Thinking

Know & Do How for Coaches im Februar 2023

Lesedauer: ca. 6 Minuten

Aktuelle Begriffe aus der Coachingwelt einfach und praxisnah erklärt

Aktuelles Know How und spannendes Do How aus der Coachingwelt warten auf dich! Lass dich für deinen Praxisalltag als Begleitungsperson laufend inspirieren und bleibe so up to date.

Lerne in diesem Monat den Begriff «Design Thinking» kennen - erfahre durch Sonja Kupferschmid, Geschäftsführung, was darunter zu verstehen ist und wie du dieses Wissen in deinen Praxisalltag als Begleitungsperson wirkungsvoll integrieren kannst.

Design Thinking

Arbeitswelt 4.0 - Agilität, Innovation und der Mensch als Mittelpunkt. Die VUCA-Welt bringt viele unvorhergesehene Herausforderungen mit sich, welche nicht länger mit bestehenden Strategien und Methoden erfolgreich gemeistert werden können. Ob für die Entwicklung neuer Produkte bzw. Angebote oder für das Überdenken organisationaler Strukturen - es braucht ein bedürfnisorientierter Kreativprozess, um für neue Hürden kreative Lösungen zu finden, welche zudem praxisnah umgesetzt werden können. dafür steht der Begriff und Lösungsfindungsansatz Design Thinking.

Definition

Unter Design Thinking versteht man grundsätzlich eine in der Arbeitswelt 4.0 kaum wegzudenkende agile Methode, um komplexe Aufgaben zu lösen und neue, innovative Ideen zu entwickeln. 

Anfang der 1960er Jahren tauchte der Begriff «Design Thinking» erstmals in der wissenschaftlichen Literatur auf. Die Design-Forschung zeichnete sich schon damals als ein komplexes Wissensnetzwerk aus, weshalb die Entstehung des Begriffes nicht auf eine bestimmte Arbeit oder einen Namen zurückzuführen ist.

Heute besteht immer noch keine geteilte Vorstellung der Begriffsdefinition. Viel eher sind es Sammlungen an Definitionen, welche je nach Ansatz und Fachrichtung geläufig sind. Eine aktuelle Begriffsdefinitionen ist folgende: «Design Thinking ist erfinderisches Denken mit radikaler Nutzungsorientierung. Es basiert auf Interdisziplinarität und vertritt Ergebnisoffenheit verbunden mit Ergebnisorientierung» (Schallmo & Lang 2020).

Design – weit mehr als kunstvolle Objektgestaltung

Hört man das Wort «Design» liegt die Annahme nahe, dass es hierbei ausschliesslich um Mode- oder Produktegestaltung geht. Doch fern ab von Chanel, Armani und Co. findet sich das Designen in alltäglichen Situationen: Wir organisieren uns in unseren eigenen Räumlichkeiten, wir entscheiden, wie wir gegenüber Kundinnen und Kunden auftreten und wie wir uns gegenüber Freunden und Verwandten verhalten. Diese alltäglichen Aktivitäten können bereits als Designtätigkeiten oder designähnliche Aufgaben gesehen werden. Der Unterschied zu beruflichen «Design Thinkern» ist, dass diese meist für andere Menschen gestalten, so zum Beispiel Change-Manager welche Veränderungsprozesse designen, skizzieren und verwirklichen (Gerstbach 2018).

Prinzipien: Menschen als zentraler Ausgangspunkt

Im Design Thinking ist der Mensch die absolute Inspirationsquelle für neue Ideen, wobei folgende Prinzipien verfolgt werden, um Orientierung zu geben: Personen mit ihren Bedürfnissen stehen im Vordergrund (primäres Prinzip). Ein weiteres Prinzip ist der Einsatz von Teams, welche aus verschiedenen Fachexpertisen, also inter- und multidisziplinär, zusammengestellt sind. Aufgrund der Unterschiede der Teammitglieder ist es wichtig, ein gemeinsamer, für alle nachvollziehbarer Arbeitsprozess, bedingt durch Analytik und Intuition, zu installieren. Als letztes Prinzip gilt daskreative Arbeitsumfeld, indem die «Ideensuchenden» zusammen interagieren können. Dieses Umfeld soll durch ideenförderliche Aufteilung und Einrichtung, wie beispielsweise farbige und mobile Mobiliarstücke sowie Arbeitstools, geprägt sein (Schallmo & Lang 2020).

Anstatt Schritt für Schritt – Phase mit Phase

Die wohl signifikanteste Eigenheit des Design Thinking Ansatzes ist die «Strukturvielfalt» und die «Prozessoffenheit». Darum spricht man nicht von einer Methode oder einem Modell im herkömmlichen Sinne. Viel eher handelt es sich um einen Ansatz bestehend aus multidimensionalen Phasen, was bedeutet, dass auf Phase 1 nicht zwangsläufig Phase 2 folgt. ImDesignThinking ist es nämlich oftmals so, dass Informationen für die vorherige Phase erst bei der Bearbeitung der darauffolgenden verfügbar werden. Weiter bezeichnend ist, dass mindestens so viel Zeit in die Erkundung des Umfelds – also die Bedürfnisorientierung – und die Analyse der vorliegenden Herausforderung gesteckt wird wie in die spätere Lösungsfindung (Gerstbach 2018). «Der Weg ist das Ziel» könnte das Mantra von Design Thinking sein, denn Lösungen werden direkt im Arbeitsalltag erprobt und im Laufe der Zeit kontinuierlich verbessert.

Die (fünf) Phasen von Design Thinking

Wie bei der Begriffsdefinition verhält es sich auch beim Ablauf und Zusammenbau der verschiedenen Phasen im Design Thinking Ansatz: Je nach Verwendung, Fachrichtung und Branche besteht der Ansatz gemäss Literatur aus vier bis sieben unterschiedlichen Phasen. Eine breit anwendbare Zusammenstellung des Ansatzes verteiltsich über folgende fünf Phasen:

  • Empathiephase: Die wichtigste, weil zeitintensivste Phase, beschäftig sich mit dem Eintauchen in den Problembereich. Im Fokus steht hier die «Zielgruppe», wobei sich die Leitfragen auf die Perspektivübernahme beziehen: Was ist den Menschen (in diesem Bereich) besonders wichtig? Worunter leiden sie? Im wissenschaftlichen Kontext würde man hier von einer sogenannten «Feldstudie» sprechen, in der es darum geht, sich in die Welt der direkt und indirekt Betroffenen zu begeben und akribisch aufzunehmen, wo sich gewisse Schwierigkeiten zeigen, wie darüber gesprochen wird und wie damit umgegangen wird.
  • Definitionsphase: Die Problemsicht wird hier so fruchtbar und lösungsorientiert wie möglich auf den Punkt gebracht. Dabei ist der Wortlaut der Problemformulierung massgebend für die später entworfene Lösung. Von grosser Relevanz ist hier, dass die Herausforderungen der Empathiephase nicht abstrakt, sondern so konkret wie möglich in Persona gebündelt werden. Rollenspiele kommen hierbei oftmals zum Einsatz, um ebendiese «Personifizierung» gewährleisten zu können.
  • Ideensuche (Ideate): Mit der entstandenen Persona vor Augen werden hier kreativ erste Lösungsideen gesammelt. Zum Zuge kommt hier vermehrt Brainstorming, indem es unerlässlich ist, Ideen wertefrei zusammenzutragen und zu gliedern.
  • Testphase: Eine oder mehrere Ideen werden ausgewählt und als «Prototyp» im Feld getestet. Dabei ist es wünschenswert, dass die «Lieblingsidee» des Entwicklungskollektivs, mit Rücksicht auf die Zielgruppe, auch mal verworfen oder grundlegend überarbeitet wird. Die Lösung soll schliesslich Nutzungsorientiert und nicht Angebotsorientiert sein.
  • Bring Home-Phase: In der letzten Phase geht es darum, den getesteten und als anwendbar empfundenen Lösungsvorschlag in «feste Formen zu giessen». Dabei werden nochmals alle Phasen im Hinblick auf die Lösung durchlaufen und Details sowie weitere Umsetzungsdiskussionen ausgeführt (Meinel & von Thienen, 2016).

Die genannten Phasen sind weder grundsätzlich gesetzt noch als Abfolge zu verstehen. Sie interagieren zusammen und ergeben sich immer wieder neu.

Wenn beispielsweise eine Idee herausgefunden wurde (Testphase), kann es sein, dass diese im Hinblick auf die Empathiephase neu formuliert und erst dann, mit Hilfe der Ideensuche, in die «endgültige» Bring Home-Phase weitergelangt. Von da an können möglicherweise neue Einzelheiten, welche bis dato ausser Acht gelassen wurden, auftauchen und der Ansatz wird erneut durchlaufen.

Praxistipp für Begleitungsprozesse

Was bringt mir dieses Wissen in der Praxis?

Als Begleitungspersonen unterstützen wir Menschen dabei, ihre eigens gesteckten Ziele zu verfolgen. Dabei arbeiten wir Bedürfnis- als auch Lösungs- und Prozessorientiert. Die Kundin oder der Kunde steht dabei gänzlich im Mittelpunkt. Diese Bedingungen entsprechen den Grundprinzipien des Design Thinking Ansatzes. Die Begleitungsarbeit mit verschiedenen Persönlichkeiten und individuellen Situationen erfordert eine agile, kreative und eine immer wieder aufs Neue zusammensetzbare Herangehensweise. Um dies zu erreichen können wir beispielsweise die Phasen von Design Thinking für unsere Tools und Methoden nutzen. Welche Bedürfnisse hat mein Gegenüber? Welches Ziel möchte er oder sie erreichen? Die Empathiephase steht im Design Thinking für die Perspektivübernahme, welche auch für eine erfolgreiche Begleitungstätigkeit unabdingbar ist. Bei der Arbeit mit Teams können wir Design Thinking vermitteln und trainieren, indem wir die Prinzipen von den Teilnehmenden selber verfolgen und leben lassen - um eine gelingenden Zusammenarbeit im Team als auch unter den Teammitgliedern zu fördern. Kreativität ist in der Arbeitswelt 4.0 nicht mehr eine Gabe, sondern ein Skill, welcher unter anderem mit Design Thinking trainiert, gefördert und gefestigt werden kann.


Quellenangaben

Gerstbach, Ingrid (2018): Design Thinking – Weil Innovation kein Zufall ist. In S. Grote & R. Goyk (Hrsg.), Führungsinstrumente aus dem Silicon Valley. Berlin: Springer.

Meinel, Christoph & von Thienen, Julia (2016): Design Thinking. Informatik Spektrum. Heidelberg: Springer.

Schallmo, Daniel / Williams, Christopher & Lang, Klaus (2018): An Integrated Design Thinking Approach – Literature Review, Basic Principles and Roadmap for Design Thinking. The ISPIM Innovation Conference. Stockholm : Schweden.

Schallmo, Daniel & Lang, Klaus (2020): Design Thinking erfolgreich anwenden : So entwickeln Sie in 7 Phasen kundenorientierte Produkte und Dienstleistungen. 2. Auflage. Wiesbaden: Springer.



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